Haushalt 2021 verabschiedet - Stellungahme des Fraktionsvorsitzenden Pascal Bächer

29. März 2021

Am vergangenen Donnerstag wurde der Haushalt für das Jahr 2021 im Helmbrechtser Stadtrat verabschiedet. Die Stellungnahme unseres Fraktionsvorsitzenden Pascal Bächer gibt es hier zum Nachlesen:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen, liebe Bürgerinnen.

Es ist März 2021. Wer hätte gedacht, dass wir den Haushalt erneut unter solch außerordentlichen Pandemie-Bedingungen verabschieden? Dass das gesellschaftliche Leben noch immer weitestgehend ruht? Noch immer Schulen, Einzelhandel, Gastronomie geschlossen sind? Wir leben in einer bewegenden Zeit, die von uns allen Kraft und Geduld fordert, in der viele Menschen um ihre Existenz bangen, viele ernsthaft erkranken, viele auch ihr Leben verlieren. Aktuell haben wir 60 akute Fälle in unserer Stadt und allein in Helmbrechts sind bisher 20 Menschen an oder mit Corona verstorben. Unsere Anteilnahme gebührt den Betroffenen und ihren Angehörigen.

Ich möchte deswegen Danke sagen. Danke sagen all jenen, die den Laden am Laufen halten und alles dafür tun, einen Weg aus dieser Pandemie zu finden. Ich denke an die Ehrenamtlichen z.B. des BRK in den Teststationen, Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Mitarbeitende in den Gesundheitsämtern und in der Verwaltung. Dies gilt auch für unsere Verwaltung in Helmbrechts, unseren Bauhof und unseren Bürgermeister, aber auch den Verantwortlichen im Landratsamt für engagiertes Anpacken und umsichtiges Handeln. Der flächendeckende Ausbau von Teststationen und das zusätzliche Impfzentrum in Helmbrechts sind wichtige Stützen der Pandemiebekämpfung. Hoffen wir nun auf mehr Impfstoff und mehr Tests, die eine Rückkehr in das gesellschaftliche Leben ermöglichen sollen.

„Wenn harte Zeiten kommen, bleibt uns keine andere Wahl, als tief durchzuatmen, weiterzumachen und unser Bestes zu tun.“ Lee Iacocca, US-amerikanischer Manager

Erlauben Sie mir unter diesem Eindruck ein paar Ausführungen zum Haushalt.

Bei einem Volumen von 32,4 Mio. planen wir mit Investitionen von fast 12 Mio. Euro! In einer Stadt unserer Größe muss man sich das erstmal vorstellen. Dabei gibt e auch einen Wermutstropfen: Zur Finanzierung werden wir eine Nettoneuverschuldung von 7.1 Mio. Euro eingehen. Nachdem wir in den letzten 11 Jahren nur im Jahr 2019 einen Kredit aufnehmen mussten und massiv Schulden abbauten, steigen diese nun stark an – vorausgesetzt wir führen die geplanten Maßnahmen tatsächlich durch. Schließlich haben wir in den letzten Jahren immer wieder Kredite vorgesehen, die wir dann doch nicht in Anspruch nehmen mussten, da Maßnahmen sich verschoben haben. Trotzdem: Wir alle müssen uns der Verantwortung bewusst sein, die mit diesem Haushalt einhergeht. Wir gehen damit große Verpflichtungen für die Zukunft und nachfolgende Generationen ein. Wir werden unsere Einnahmen und Ausgaben noch kritischer auf den Prüfstand stellen müssen. Aber: Unsere Fraktion steht zu den Investitionen und dem geplanten Vorgehen. Wir investieren in die Zukunft unserer Stadt, unsere Infrastruktur, unsere Lebensqualität – und das in der Zeit geringer Zinsen, und ‚noch‘ hoher Zuschüsse. Wann investieren, wenn nicht jetzt?

Und zur besseren Einordnung sei gesagt, dass in der hohen Kreditsumme von 7,6 Mio Euro 4,8 Mio. für die Abwasserbeseitigung enthalten sind. Diese Maßnahmen sind gegenfinanziert durch Herstellungsbeiträge und Abwassergebühren und damit weniger belastend. Und diese Investitionen müssen wir jetzt tätigen. Dann profitieren wir von den sogenannten RZWAs und erhalten hohe Zuschüsse. Ob es diese in wenigen Jahren, nicht zuletzt angesichts der Corona-Pandemie, noch gibt? Wir wissen es nicht. Nach Abzug dieser Ausgaben landen wir bei einem darlehensfinanzierten Kredit von 2,8 Mio. Euro und liegen damit unweit der veranschlagten Kreditsummen der letzten Haushalte. Also schauen wir mal wie es am Ende ausgeht. Am Ende des Jahres wurden wir in den letzten Jahren doch wiederholt von positiven Zahlen überrascht.

Ich will drei große Maßnahmen im Haushalt herausstellen: Mit 3,3 Mio, Euro fließt viel Geld in das Abwassersystem nach Gösmes. Man kann an dieser Stelle fast von einer Dorferneuerungsmaßnahme sprechen, so umfassend sind die Eingriffe. Eine ‚echte‘ Dorferneuerung führen wir in Kleinschwarzenbach durch. Mit rund 1 Mio. Euro werden wir hier entscheidend vorankommen. Und ich wage mal einen Blick in die Zukunft: In wenigen Jahren wird der Ortsteil in neuem Glanz erstrahlen mit einer lebendigen Dorfmitte als Treffpunkt für alle. Die Dorferneuerung in Edlendorf/Günthersdorf hat uns gezeigt, wie positiv sich die Maßnahmen auswirken. Nicht umsonst steht in Enchenreuth bereits die nächste umfassende Dorferneuerung in den Startlöchern und auch aus anderen Ortsteilen wurde schon Interesse bekundet. Das wird nicht alles gleich und kurzfristig gehen. Aber wir nehmen die Entwicklung des Umlandes sehr ernst. ‚Stadt und Land‘ – Hand in Hand, so pflegte Altlandrat Bernd Hering zu sagen.

Um einen Treffpunkt für alle geht es auch in unserer Kernstadt. In diesem Jahr gestalten wir endlich die Freifläche an der ‚Alten Weberei‘. Nach Jahren des Provisoriums und der Konzeption geht es ans Eingemachte. Leider hat die Pandemie ‚echte‘ Bürgerworkshops verhindert. Wir freuen uns aber, dass sich trotzdem einige Bürger*innen vom Kind bis zur Seniorin per Mail, im Jugendstadtrat oder mit Fotos und Modellen, beteiligt haben. Danke für ihre Ideen, die wir nun abwägen werden. Diese Bürgerbeteiligung sollten wir weiter ausbauen und bei Projekten frühzeitig mitdenken. Wir freuen uns zudem, dass unsere Idee eines tollen Spielplatzes auf viel Zustimmung, auch hier im Gremium, stieß. Am Ende soll es ein Platz mit Qualität für alle werden - für Jung bis Alt, für Spiel und Entspannung, für Handel und Kultur. Ein Platz der Begegnung.

Ein weiterer großer Posten sind die Straßensanierungen im Stadelbergweg und der Bismarckstraße – sicherlich zwei unserer größten Huckelpisten. In den Folgejahren werden wir z.B. auch im Nibelungenviertel eingreifen müssen. Der Ausbau des Münchberger Steigs wird von uns begrüßt, da wir damit noch vorhandene Flächen für Gewerbe zugänglich machen. Die brauchen wir dringend. Wir hätten uns etwas mehr Geld für Straßenreparaturen gewünscht, um spätere Schäden zu lindern, sind aber mit dem Kompromiss einverstanden.

Damit habe ich nur die größten Maßnahmen angesprochen. Auch Brandschutz (z. B. Schutzanzüge, Wüstenselbitz), städtische Wohnungen (z.B. in der Frankenstraße) und die Göbelhalle erfordern unser Zutun. Eine Vielfalt von Maßnahmen sind angedacht.

Bei aller Tatkraft bereitet es uns etwas Sorge, dass unser Ergebnishaushalt erstmals mit einem deutlichen Minus schließt – in den vergangenen Jahren war dies stets anders. Wir können unsere Abschreibungen nicht erwirtschaften und unsere laufenden Aufwendungen sind gestiegen. Auch hier gilt: Ob das am Ende des Jahres tatsächlich so bestehen bleibt, das werden wir noch sehen. Auch mit dem veranschlagten Minus wird der Haushalt angesichts der Pandemie in diesem Jahr genehmigt, in den nächsten Jahren werden wir hier aber nachsteuern müssen. Die Rahmenbedingungen haben sich, so der Kämmerer in seinem Bericht, an dieser Stelle negativ verändert, unsere Bewegungsfreiheit wurde und wird laut Peter Gareis geringer. Dies muss uns eine Mahnung sein. Wir werden genau prüfen müssen, was wir uns leisten können und wollen. Das haben wir aber auch bisher stets umsichtig und verantwortungsbewusst getan.

Vorher aber gilt es strukturelle Probleme anzugehen, die mit der Doppik zusammenhängen. So ist es paradox, dass wir über Jahre hinweg investieren wie die Weltmeister, gleichzeitig enorm Schulden abbauen und dann am Ende doch unsere Leistungsfähigkeit sinken soll. Da passt für mich etwas nicht zusammen. Ein Grund dafür: Über Abschreibungen von 2,7 Mio. Euro müssten wir uns in einem kameralen Haushalt keine Gedanken machen. Die würden da nicht stehen! Ihre Höhe hat auch etwas mit den vorgeschriebenen Abschreibungszeiträumen zu tun. Und da scheint es doch fragwürdig, dass wir zum Beispiel Straßen nach AFA-Tabelle über deutlich weniger Jahre abschreiben, als ihre tatsächliche Nutzungsdauer beträgt. Und verkaufen können wir sie nach der Abschreibung ja auch nicht. Hier gehen die Theorie, auf die sich wohl auch der Prüfungsverband beruft, und die Praxis auseinander. Zudem haben wir in den letzten Jahren meist positiv im Ergebnishaushalt abgeschlossen, da werden wir ein negatives Ergebnis doch mal unterbringen können. Daran darf eine Haushaltsgenehmigung doch nicht scheitern. Wie machen das dann Kommunen in den anderen Bundesländern, z.B. die teils hoch verschuldeten Städte in NRW? Bayern ist ja nur noch eines von drei Bundesländern, wo es keine Pflicht zum Umstieg in die Doppik gibt. Diesen Umständen sollten wir nachgehen, uns zusätzliche Expertise einholen und mit Ministerien, Behörden und übergeordneter Politik verhandeln. Da braucht es eine Lösung. Sonst wird das in den nächsten Jahren, gerade angesichts der wichtigen großen Maßnahmen an unserer Grund- und Mittelschule, die bald auf dem Plan stehen muss und stehen wird, zu einem Problem.

Es sind herausfordernde Zeiten. Mit unserem Haushalt reagieren wir auf die Krise mit Mut und Tatkraft. Das ist ein wichtiges Zeichen. Aber wir werden in den nächsten Jahren noch intensiver diskutieren und um bestmögliche Lösungen ringen müssen. Die Auswirkungen der Pandemie werden es uns nicht leichter machen. Ich wünsche mir, dass wir dabei den fairen, demokratischen Diskurs wie bisher fortsetzen. Und für diese Bereitschaft danke ich allen Beteiligten, unserem Bürgermeister, den zuständigen Mitarbeite*innen der Verwaltung und den Kollegen Fraktionsvorsitzenden.

Zu guter Letzt wünsche ich den Menschen in unserer Stadt und uns allen Gesundheit und Zuversicht. Lassen Sie uns bei aller Herausforderung die Zuversicht nicht verlieren und solidarisch bleiben. Ich freue mich darauf, Ihnen allen wieder unbeschwert begegnen zu dürfen. Vielen Dank. Unsere Fraktion stimmt dem Haushalt 2021 zu.

Pascal Bächer

Fraktionsvorsitzender/ Stadtrat / SPD Helmbrechts

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